Im Tal der B 10 neu- Befürworter bedarf es eines gewissen Mutes "dagegen" zu sein. Den Gegnern des Straßenneubaus unterstellt man wohl sofort - mangelndes ökonomisches Denken ( Hoffnung auf Industrieneuansiedlungen), - romantisierend ökologisches Denken anstelle des harten 'Realitätssinnes der Befürworter - Überschätzung ökologischer Argumente (weil die Tiere doch in unserer Gegend locker anderswo Platz finden können), last but not least mangelndes Verständnis für die die Anwohner der B 10 alt (die vor den lästigen Autofahrern geschützt werden müssen).
Soviel voraus: Selbstverständlich ist der Verkehr an der B 10 alt für Anwohner lästig, schlecht riechend und laut. Das ist Verkehr immer. Er wird allerdings mit Freuden von denen mit produziert, die sich über ihn beschweren. Fazit: Man will den Verkehr nur nicht vor seiner eigenen Haustür, an ihm teilhaben aber will man unbedingt. Und hier soll gelten: "Freie Fahrt!
Die Gegner der B 10 neu können ins Feld führen: Freie Fahrt im engen Talkessel? Diese Möglichkeit existiert von vorneherein nicht. Freie Fahrt in einem übel riechenden, Smog produzierenden bedeutende Rohstoffe verbrauchenden Gefährt, das romantisierend Pferdestärken verpulvert , dem Nutzer damit eigene Stärke und ein Freiheitsgefühl vorgaukelt.
Man schafft Platz für ein unmodernes, bezüglich der Anforderungen unserer modernen Welt nicht mehr zeitgemäßes Fortbewegungsmittel.
Dies gilt umso mehr in einem sowieso schon verdichteten Besiedlungsraum, dessen historisch gewachsene Landschaft aufgrund der weiteren Ausbreitung des Straßenbaus vollkommen zerstört
wird. Tatsächlich verhält es sich so, dass es niemandem leid ist um die demnächst verbaute Landschaft. Das sind doch bloß ein paar alte, auch nicht bestens betreute Streuobstbäume, eine
Wiese, vielleicht noch ein Feld. Die Hütte wäre sowieso eingefallen. Das ist nicht Natur, das ist im besten Fall unbeachtete Restlandschaft.
Dieses Problem ist mit dem Bau der B 10 neu gelöst. Niemand muss sich mehr um die Bäume, Wiesen und Äcker kümmern, weil sie unter einer dicken Schotter Teerschicht verschwinden. Entweder steigt der Rand der Michelsberghochfläche direkt an der neuen Straße hinan oder es bleibt noch ein Rest Talsohle ausgespart. Die zwischen der neuen B10 und der alten Strecke liegenden Äcker kann man aufgrund der doppelt auf sie niedersinkenden Abgase sowieso ad acta legen. Und so können in zwei Jahren die einen durch die Dörfer fahren und die andren sie umgehen. Was den Verkehr erheblich verstärken wird.
Nur der Boden hat das Nachsehen, die verhältnismäßig große, sprich langgestreckt lange Fläche des neu versiegelten, unseres lebenden Bodens, dessen wir pro forma am Erntedankfest wie
eines Trauerfalls gedenken können. Geerntet wird sowieso seit langem delegiert im fernen Ausland, das wir als Touristen kontrollieren. Versiegelung des Bodens heißt, dass dessen für die Erde,
auch die in der direkten Umwelt wichtige Lebensfunktion des eigentlich lebendigen Bodens abgetötet wird. Macht nichts, wir haben ja so viel davon. Auch eine Versorgungsreserve für weniger gute
nachkoloniale Zeiten wird dahingeteert. Und die über Jahrzehnte -mittlerweile aufgebaute- hoch interessante Fauna, diese besondere Vogel- und Insekten, Säugetierwelt zwischen Laubwald und Wiese
wird umziehen müssen. Denn, was manchem seltsam erscheinen muss. Sie werden diesem neuen Lärm, dem Todesband, und der Hektik des ihnen artfremden Autoverkehrs nicht standhalten
können.
Wenn man sich Jahre lang um eine Sache bemüht, alleine um dafür Interesse zu wecken, ist das Ergebnis der Bemühungen allzu oft niederschmetternd. Diesbezüglich muss ich eine Gemeinsamkeit mit der Interessengruppe „B10 neu“ feststellen. Allein, das Problem stellt sich mir anders dar: Die Lösung der Situation des Durchgangsverkehrs durch das Filstal bis Geislingen durch die Verbauung des letzten Stücks unberührter Halbhangnatur muss nicht nur aus dem Grund, weil es die einzig bisher dargestellte und die schon seit vielen Jahren anvisierte ist, auch die beste aller denkbaren sein. Fakt ist, das Filstal ist seit langer Zeit nicht nur Wohn- oder Produktionsort, sondern auch ein Tal mit einem bestimmten Aufgebot an Durchgangsverkehr. Diesen wollte man früher gerne direkt vor der Haustür haben, weil man an dem aufgrund der Zugtiere notwendigen Stopp der Durchziehenden zu verdienen vermochte. Wer heute durchfährt, hält selten an und hinterlässt nur Abgase, verursacht Lärm.In dieser Situation erscheint der Bau einer „Umgehungsstrasse“, einer Schnellstrasse, die diesen Verkehr an der Stadt vorbei leitet, als gutes Heilmittel. Es braucht dazu nur einen Streifen Landschaft, dazu Brücken oder Tunnelbauten, auch durch den Albhang hindurch. Aber man zerstört durch diesen Neubau ein wunderschönes Stück Landschaft am Halbhang vom Michelberg und im Zillerstall (um einen Teil zu benennen), einem Nahnaturvergnügungsgebiet um das Geislinger Filsknie herum ( das sich im Filstal weiter durchzieht), mit einer Vielzahl an dort ansässigen Vogelarten zum Beispiel, um das die Stadt von anderen Ortschaften glühend beneidet werden müsste – wenn man es beachten würde. Dieses Gebiet befindet sich ausserdem nicht in gebührendem Abstand zur Stadt, sondern gleich hinter den wenigen Häuserreihen, die sich von der heutigen Stuttgarter Strasse aus gesehen den Hang hinauf ziehen. Ueber Sinn und Unsinn solcher stadtnahen „Umgehungsstrassen“ streiten sich die Experten aus mehreren Gründen. Um nur einige auf die lokale Situation zu übertragen: In den sowieso schon engen Raum im Talkessel müssen zusätzlich noch An- und Abfahrten eingefügt werden, Bauten, die von Kuchen her und bei der Ausfahrt nach Bad Ueberkingen wiederum Gelände in Anspruch nehmen. Hier entsteht dann auch entsprechender neuer Verkehr. Denn diese Neuzufahrten werden dann von Geislinger Autofahrern bzw. von Zufahrern aus den Filstal-Nachbargemeinden, allgemein dem nahen Umland angefahren. Schliesslich werden die Geislinger Durchgangsstrassen zu einem sehr hohen Prozentsatz von Ortsansässigen und Umwohnern genutzt, ein Umstand, der erhalten bleibt. Nachweisbar ist der Anteil des „hausgemachten Verkehrs“ am Gesamtdurchgangsverkehr, was heisst von Stadtteil zu Stadtteil oder zu den diversen Steigen, den zu Geislingen gehörenden Wohnorten, gross. Die Stadt wird nicht autofrei, der einzelne Autofahrer kann sie allerdings bei Wegfall des Durchgangsverkehrs eventuell schneller befahren. Da liest man allenthalben, dass der Lärmpegel nur geringfügig sinkt. „Nicht umsonst gilt unter (ökologischen) Verkehrsplanern als Grundprinzip: `Der beste Verkehr findet nicht statt`. Denn für Strassen, Rad- und Fusswege, sowie Start- und Landebahnen werden grosse Flächen versiegelt.“ (Bundeszentrale für politische Bildung 2009).Der reine Durchgangsverkehr, er würde die „B 10 neu“ durch die reizvolle und kostbare da dort letzte Geislinger Stadtrand-Landschaft führen, deren bisheriger Naturwert für Tier und Mensch dann rapide sinkt, obwohl er nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Darüber hinaus beginnen sich im dicht besiedelten Land mit hoher Verkehrsnetzdichte die Prioritäten aus purer Notwendigkeit bereits zu verändern. Von umweltfreundlicheren Verkehrsmitteln, Ausweitung der öffentlichen Verkehrsmittel bis zum gewandelten Umgang mit Mobilität reicht die Palette. Vielerorts gibt es aus Liebe zum Wohnort Widerstand gegen die weitere Verbauung der ortsnächsten Umgebung. Also ist die neue Strasse von der Idee her vielleicht schon veraltet, sozusagen überholt?Erstaunlich hier ist das klaglose Hinnehmen des Verlustes bzw. des massiven Eingriffs in eine Stadtrandlandschaft, deren Schönheit die Lebensqualität am Ort und im Tal wesentlich erhöht.Es könnte sein, dass man die Stadt mit der Anlage der „B 10 neu“ ihrer Identität beraubt. Gering da der Trost, dass die vorbei Brausenden darauf keinen Gedanken verschwenden werden.